Doktor Nic gibt euch hier erste Orientierung, falls ihr euch mit der Frage beschäftigt, ob ihr mit externer Hilfe mehr Gigs an Land ziehen könntet und was ihr dabei beachten solltet.
Mit den Jahren wurde ich schon häufig gefragt, wie viel Sinn zum Beispiel ein Plattenlabel für eine junge Band noch macht.
"Heutzutage kann doch jeder alles selbst", so heißt es; ist auch durchaus was dran. Genauso scheiden sich die Geister, wenn man um die Notwendigkeit eine Promo- oder PR-Agentur spricht. Ebenso erlebe ich in letzter Zeit aber auch, wie sich junge Bands um die Gunst von Booking-Agenturen prügeln und der Job des Bookers wieder wichtiger wird.
Es gibt viele verschiedene Einschätzungen zu diesen Themen. Zum Thema Booking möchte ich euch meine im Folgenden darlegen. Und obwohl ich selbst als Booker tätig bin, möchte ich vorwegschicken: Nicht jeder braucht einen Booker. Oder anders: nicht jeder sollte einen Booker aus den falschen Gründen engagieren.
Was ich nun schon sehr oft erlebt habe, ist die falsche Vorstellung von einem Booker, die viele Bands haben. Die Annahme: einen Booker zu haben bedeutet, so oft man möchte Konzerte zu haben, auf allen Festivals vertreten zu sein, große Hallen zu bespielen. Quasi Durchbruch. Das ist aber leider völliger Quatsch.
Was macht einen guten Booker aus?
Wenn ihr auf der Suche nach einer Agentur seid, dann gibt es ein paar Punkte zu beachten. An diesen seht ihr, ob ihr jemanden Fähigen an eurer Seite habt, oder nicht:
* Erfahrung. Viele Bands fangen damit an, sich von jemanden aus dem Freundeskreis managen zu lassen. Der- oder diejenige ist zunächst sehr euphorisch und bereit, sich ein Netzwerk zu euren Gunsten aufzubauen. Seid ihr aber etwas ernsthafter unterwegs, solltet ihr euch jemanden suchen, der bereits Erfahrung im Business hat. Eine Venue anzurufen, einen Booker bei Facebook zu adden oder einen Mail-Verteiler zu erstellen ist eine Sache. Zu wissen, worauf es den Veranstaltern ankommt, Verhandlungsgeschick, Know-How über das Vertragswerk, GEMA, technische Rider, Künstlerkassen und überhaupt die Ahnung vom Markt und vom Publikum der jeweiligen Regionen, das sind alles Qualifikationen, die man vor allem durch Erfahrung erlangt.
* Teamplayer. Nichts ist schlimmer als ein Booker, der seine Arbeit nicht aus Liebe zum Metier macht, sondern um sich selbst zu profilieren. Es ist natürlich so, dass euer Booker auch Geld verdienen will, Geld verdienen muss! Es ist aber auch eine Berufskrankheit, dass Booker, fast wie Manager oder Vertriebler, lieber ihr eigenes Ego füttern möchten. Von diesen Leuten lasst ihr besser die Finger.
* Entwicklungsfähig. Dieser letzte Punkt gilt eigentlich mehr den Freelancern, aber auch alteingesessene Agenturbooker dürfen dies gerne beherzigen: Ein Booker sollte immer in der Lage sein, sich selbst weiterzuentwickeln.
Wer nach "Schema F" dieselben 100 Venues für eine Tour anschreibt, wer immer wieder dieselben Plattformen verwendet, der bleibt irgendwann stehen. In dieser Branche ist es wichtig, bewährte Methoden mit neuen Trends zu kombinieren. Daher sollte auch ein Booker out-of-the-box denken können.
Wie arbeitet so ein Booker?
Ein Booker ist in den allermeisten Fällen ein Freelancer für eine Agentur oder ein eigenes kleines Unternehmen und stellt euch 10-15 Prozent (seltener auch mehr) der vereinbarten Gage in Rechnung.
Dabei sind eure Ausgaben nicht mit eingerechnet, sondern die pure Bruttogage. Seid ihr eine kleine Band, ist das der beste Deal für euch, denn ihr gebt ein wenig eures Geldes ab und bekommt ohne viel Aufwand eure Shows geliefert.
Andere Booker arbeiten für Agenturen, seltener auch für Labels. Hier kommt es dann ganz auf den Vertrag an. Manchmal werden hier auch Festtarife vereinbart und ihr bezahlt die Agentur dauerhaft für ihre Dienstleistung.
Was ein Booker für euch tut und was nicht
Dass der eine Job eines Bookers der ist, euch auf Konzerte zu buchen, ist vollkommen richtig. Ein Booker ist jemand, der euch die lästige Arbeit der Mails schreiben, Kontakte knüpfen, Hinterhertelefonieren, Informationen herumschicken, Bewerbungen erstellen, Finanzen planen und Tourpläne schmieden abnimmt.
Idealerweise macht ihr mit eurem Booker Termine aus, an denen ihr könnt und dieser bucht diese zu aufeinanderfolgenden Konzerten zusammen, bei denen ihr verdient, ein gutes Publikum habt und alles vom Essen bis zur Spielzeit für euch geregelt worden ist. Das ist praktisch und zwar für jeden Künstler, denn ihr könnt ganz Künstler sein. Wichtig dabei ist ein tiefes Vertrauen und eine saubere Kommunikation und dass jeder seinen Anteil leistet – was das bedeutet, werde ich noch genauer erklären!
Was ein Booker eben nicht leisten kann ist, euch überall dort hinbringen, wo ihr nur möchtet. Ich erlebe sehr oft, dass Bands enttäuscht von ihren Verträgen mit Booking-Agenturen sind. Da wird sich dann gewundert, dass man nach 12 Monaten auf dem Roster einer Agentur immer noch nicht z.B. bei Rock Am Ring gespielt hat. Auch sind Bands meist sehr darauf bedacht, aufs Roster großer Agenturen zu kommen, die große berühmte Acts vermitteln. Die Enttäuschung, dass man dann aber niemals der Tour-Support einer dieser Bands wird oder dass man eben nicht in den fancy Läden spielt wie jene, kommt dann schnell. Das liegt aber nicht unbedingt am Booker selbst. Denn der kann nur damit arbeiten, was er hat.
Der Vorteil eines Bookers ist natürlich der, dass er oder seine Agentur bestenfalls schon die wichtigen Kontakte aufgebohrt hat.
Ein guter Booker hat sich mit seinen Acts bei den Veranstaltern schon beliebt gemacht, sodass – wenn er mit einem neuen Act um die Ecke kommt – alle sagen werden: "Wenn der für die arbeitet, dann will ich die auch!" Das kann und wird aber nicht immer funktionieren.
Ich kenne einige Booker, die ein paar der größten deutschen Bands unterbringen. Selbst diese können aber nicht jede Garagenband überall unterbringen, denn von euch, der Band, muss genauso viel kommen. Für die Werbung und das Image sowie für die musikalische Qualität ist euer Booker nämlich nicht zuständig!
Booker sind keine Magiere
Wir Booker kommen leider immer in die Verlegenheit, unseren Schützlingen sagen zu müssen: "Sorry, das hat nicht geklappt."
Ob ein ersehnter Festivalslot oder eine mehrwöchige Tour: manchmal versuchen wir alles und der Veranstalter möchte euch am Ende trotzdem nicht buchen. Irgendwann muss man sich dann geschlagen geben und dem Veranstalter genügend Respekt entgegenbringen, indem man ihn in Frieden lässt. Ich glaube oft kaum, wie entrüstet Bands darüber sind, mit Beitritt einer Agentur nicht sofort die große Nummer zu sein.
Eine Vertrauensbasis
Damit alles klappt, muss man sich gegenseitig vertrauen – auch über den abgeschlossenen Vertrag hinaus! Wenn ihr jemanden für euer Booking engagiert, dann ist es wichtig, dass ihr ihn auch machen lasst. Auf eigene Faust nach Konzerten zu suchen, Deals anzunehmen und dann eurem Booker die Zwischentage aufs Auge zu drücken, hilft ihm nicht sonderlich und eure Arbeit bleibt auch dieselbe.
Euer Booker wird auch mehr Vertrauen darin haben, dass ihr bei ihm bleibt und wird deshalb auch besser für euch arbeiten, wenn ihr ihn machen lasst und ihn mit allen Infos und Materialien versorgt, die ihr aufbringen könnt. Ihr könnt dann eurem Booker auch damit mehr Vertrauen entgegenbringen.
Wer braucht nun einen Booker und wer nicht?
Grundsätzlich halte ich es für recht wichtig, als Künstler nicht alles in die eigenen Hände zu nehmen. Haltet euren mentalen Stress klein, eure Kreativität hoch und eure Zeit flexibel, indem ihr externe Leute für eure Belange engagiert. (Tour-)Booking ist sehr zeitaufwendig und nervenaufreibend und gerade, wenn eure Band bereits viel geschafft hat und ihr über 100 Konzerte im Jahr spielt, könnt ihr euch einfach nicht mehr selbst damit auseinandersetzen.
Kontrollfreaks und solche, die nichts aus der Hand geben können, werden sich aber mit Bookern schwertun. Ihr wollt über jeden Schritt der Planung, jede Gagendiskussion sowie über die angefragten Veranstalter auf dem Laufenden gehalten werden? Womöglich solltet ihr es dann einfach selber machen.
Entgegen vieler gängiger Annahmen, vertrete ich die Meinung, dass man als kleinere Band keine Booking-Agentur braucht. Ein Agent kann mit einer Band, die vielleicht 30 Konzerte gespielt, nur ein Demo raus und nur eine handvoll Follower auf sozialen Medien hat, nicht sehr viel anfangen. Es gehört dann zusätzlich zur Reputation des Bookers noch eine Portion Glück dazu, eure Band unterzubringen.
Wer als Booker eine sehr, sehr unbekannte Band nach und nach auf die großen Bühnen bringt, ist ein absoluter Keeper und sollte für immer für euch arbeiten! Um aber euer aller Arbeit zu minimieren und vor allem eure Bandkasse zunächst zu schonen, solltet ihr nicht unbedingt am ersten Tag der Bandgründung an einen Agenten denken.
Dieser Beitrag ist von " Doktor Nic "
(Zum Nachlesen des Originals bitte folgenden Link herauskopieren und Browsern: https://www.backstagepro.de/thema/mehr-auftritte-durch-eine-booking-agentur-was-einen-guten-booker-ausmacht-und-was-er-leisten-kann-2019-05-03-hwFw3RBqX1)
Noch ein wichtiger Nachsatz zur Arbeitsteilung (aus eigener Erfahrung):
Einen Booker zu haben, bedeutet nicht (gerade als überregional noch nicht sooo bekannter Künstler), dass man sich nun einfach nicht mehr um die Akquise kümmern muss.
Es gibt nur ein Rezept zum Erfolg zu gelangen: Gemeinsam und Schulter an Schulter zu arbeiten. So wäre es eine große Unterstützung für den Booker, wenn seine Schützlinge Augen und Ohren offen halten und ihm passende Events, Locations und Agenturen mitteilen, damit er diese direkt bewerben kann. Geht also ruhig immer mal wieder selbst ins Internet und sucht nach ebendiesen potentiellen Auftrittsgelegenheiten. Denn diese oft zeitaufwendige Tätigkeit der Selektion, hält Booker von Ihrer Kernkompetenz ab: den Endkunden zu überzeugen, Euch zu buchen und ausreichend Zeit für den ganzen Bürokram zu haben.